25. November 2005

Mehr Besucher, Run auf Billigflieger, Krise der Fährlinien

Die touristische Saison 2005 hat einige Fragezeichen hinterlassen. Konnte der "Run" auf die neuen EU-Mitgliedsländer, der im Sommer 2004 deutlich spürbar war, wiederholt oder sogar gesteigert werden?
Es gibt unterschiedliche Aussagen dazu. Einige touristische Dienstleister berichten auch von Rückgängen, andere von andauernden Verbesserungen.

In Lettland veröffentlichte das staatliche Statistikamt den Überblick über Reisen von und nach Lettland im dritten Quartal 2005 (Juli, August, September). In der Hauptreisezeit 2005 verzeichnete Lettland mit 1,324 Millionen ca. 20% mehr Besucher aus dem Ausland als im gleichen Zeitraum des Jahres 2004 (1,104 Mill).
Besucher aus den direkten Nachbarländern dominieren immer noch die absoluten Zahlen: 33% der Gäste kamen aus Estland, 23% aus Litauen. 9% kamen aus Deutschland, 6% aus Russland, 5% aus Polen und je 4% aus Finnland und Schweden. Interessant dabei, dass laut Statistik die Gäste aus Russland in Lettland das meiste Geld ausgeben - noch vor den Deutschen und den Schweden. Dieser Tabelle zufolge sind Litauer und vor allem die Finnen am sparsamsten.
Lettland ist ein kleines Land: nur 31% der Gäste hielten sich länger als 24 Stunden im Lande auf. Von diesen waren 40% "Neulinge": zum ersten mal in Lettland.
78% aller Gäste kamen über die Straßen, 12% per Flug, 7% mit dem Schiff und 3% mit dem Zug.

Die Liebhaber schöner Schiffsreisen werden es 2006 schwerer haben. Zunächst machte die Kunde vom Verkauf der Finnjet in die USA die Runde - eine Linie, die zwischen Rostock und Tallinn erfolgreich verkehrte, und sicher viele Menschen durch eine schnelle und sichere Überfahrt mit dieser Region in Verbindung brachte.
Nun erschüttert auch der Skandal um die Pleite der Fährlinie Riga-Stockholm die lettische Hauptstadt. Anfang November lag die "BALTIC KRISTINA" noch immer im Hafen von Riga, die Crew im Streik. Am 15.Oktober hatte die Reederei "Rigas Juras linija's" (RJL), an der auch die Stadt Riga einen Anteil von 35,48% hielt, plötzlich den Betrieb eingestellt, sich vor Gericht für insolvent erklärt, und hatte offensichtlich auch kein Geld mehr, um die Mannschaft zu bezahlen. Das Thema wurde zur heissen Diskussion in lettischen Medien. Hatte doch der frühere Rigaer Bürgermeister Bojars es sich vor Jahren zum persönlichen Anliegen gemacht, wieder eine Fähre nach Stockholm in den Hafen von Riga zu holen - nun zeigte es sich, dass trotz hoher staatlicher Subventionen das Geschäft nicht wirtschaftlich zu betreiben war: 7 Millionen US-Dollar an Schulden waren gegenüber der PAREX-Bank aufgelaufen, so meldete die Nachrichtenagentur LETA am 14.Oktober. Als Konsequenz hatte der Freihafen Riga das Schiff, dessen Wert von verschiedener Seite auf zwischen 3,8 bis 4,6 Millionen Euro geschätzt wird, als "Pfand" im Hafen festgehalten.

Anfang August hatte die Betreiberfirma noch neue Rekorde gemeldet: auch im vierten Jahr des Betriebs sei die Passagierzahl wieder erheblich gestiegen - 11610 Passagiere seien allein im Juli 2005 befördert worden, eine Steigerung von 33,4% gegenüber 2004. Nun kommt es anders: Am 21.Dezember soll die 32 Jahre alte "Baltic Kristina" auf einer Zwangsauktion versteigert werden (so meldet es ein norwegisches Schiffahrtsportal im Internet, ebenso verschiedene lettische Quellen). Bis Mitte November waren seitens der Besatzung 300.000 Lat als ausstehende Lohnforderung aufgelaufen, meldet die lettische Tageszeitung "Neatkariga Rita Avize" (NRA). Es besteht kaum Hoffnung, dass die Betroffenen diese Zahlungen noch vor Weihnachten erhalten werden.

Soweit zum lettischen Wachstum in der Tourismusbranche - das offensichtlich trotz aller Statistiken auf wackeligen Füssen steht. Der Flughafen Riga verzeichnete übrigens 1,375 Millionen Passagierankünfte in den ersten 9 Monaten des Jahres 2005, das ist fast eine Verdopplung gegenüber 2004. Während dabei die Nutzung von lettischen Airlines nur um 39,4% anstieg, war es bei ausländischen Fluglinien ein Anstieg um das 2,5fache. 286.700 Menschen kamen von deutschen Flughäfen, vor allem dank der Billigflieger zwischen Berlin und Riga ein starker Anstieg. Laut BALTIC TIMES verkündete der lettische Verkehrsminister Ainars Slesers kürzlich lauthals, bis zum Jahr 2015 werde sich der Fluggastaufkommen noch einmal gegenüber heute verfünffachen.
Was bleibt solchen Optimisten zu wünschen? Allzeit gute Reise, und wenig Abstürze!

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