23. März 2009

Letten, Konfektes und Natur

Die Letten lieben nicht nur Poesie und Natur, sondern auch Süßigkeiten. Und die Liebe zur Natur, zur Poesie, zur Kunst und zu den Süßigkeiten vereinen sie in Konfektes. Konfektes ist Lettisch, und bedeutet Bonbons und Pralinen.

Das berühmteste Beispiel ist Konfektes Gotiņa. Gotiņa ist Lettisch und bedeutet Kühchen oder kleine Kuh (die Letten mögen es, alles zu verkleinern). Hier wird nicht nur eins der beliebtesten Konfektes nach einem Tier benannt, sondern in dem Konfektespapier auf der Innenseite ist ein Tautasdziesma (ein lettisches Volkslied) zu lesen. Ein Beispiel:

Ich war der Sohn eines guten Vaters,

Ich wollte nur stets das Gute:

Gutes spannen, Gutes fahren

Gute, Schöne mitnehmen.

Also Genuss pur – ein bischen Süßes, ein bischen Natur und ein bischen Poesie. Typisch Lettisch.

Es gibt auch andere Beispiele, z. B. die leckeren Pralinen Lācītis Ķepainītis (Bärchen Pfötchen), die den lettischen Sinn für die Kunst zeigen. Hier ist zwar kein Gedicht zu lesen, aber auf dem Bonbonpapier ein Fragment des Gemäldes des russischen Malers Iwan Schischkin (1832-1898) „Morgen in einem Fichtenwald”. Dort sind Braunbären in einem Wald bei der Morgendämmerung spielend abgebildet. Da freut sich das Auge und der Gaumen!

Weitere leckere Konfektes aus der Tierwelt sind Vāverīte (Kleines Eichörnchen), Vētrasputns (Sturmvogel), Vēzītis (Krebschen), Zosu Kājiņa (Gänsefüßchen), Zelta Teliņš (Goldenes Kälbchen). Konfektes aus der Blumenwelt: Rudzupuķe (Hornblume), Sarkanā Magone (Roter Mohn, in dem kein Mohn drin ist, aber eine hübsche Mohnblume auf dem weißen Papier), Gundega (Hahnenfuß), Vijolīte (Veilchen). Es gibt natürlich auch Konfektes mit Obst und Beerengeschmack. Besonders lecker klingt Ziemeļu ķirsis (Nordische Kirsche).

Ist das nicht wieder einmal ein gutes Beispiel für die lettische Naturverbundenheit?

7 Kommentare:

Axel Reetz hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Axel Reetz hat gesagt…

Die bekannte estnische Schokoladenfirma produziert Ähnliches. Ich selbst esse zwar seit Jahren kaum noch süß, aber verblüffend finde ich regelmäßig, daß Ausländer diese Süßigkeiten entweder absolut schrecklich finden oder aber tütenweise privat exportieren.
Die Hersteller selber kümmern sich um Export nur mäßig und vertreten die Ansicht, diese Pralinen seien zu groß für den westlichen Markt. Man kann sie, da haben die Marketing-Spezialisten Recht, kaum mit einem Mal in den Mund stecken.
Export gibt es trotzdem, denn unter Russen sind die Hersteller des Baltikum beliebt, auch unter jenen, die seit den 90er Jahren nach Deutschland ausgewandert sind. Und so findet man in Deutschland diese Süßigkeit oft in den russischen Geschäften, neben Rigaer Sprotten und Rigaer Schwarzem Balsam.
Und es gibt nicht wenige Letten, die sich darüber furchtbar aufregen.

Anda hat gesagt…

Vielleicht regen sich die Exilletten darüber auf, aber die Letten "aus Lettland", die ich kenne, finden es okay. Wir mögen doch auch russische Pelmeni und Borschsuppe.

Axel Reetz hat gesagt…

Da geht es wohl mehr darum, dass diese Schokolade kein russisches Produkt ist, aber in einem Laden angeboten wird, der angeblich mit russichen Produkten handelt.

Anda hat gesagt…

Das habe ich wohl verstanden. Die Russen sind in Deutschland eher unsere Freunde als Feinde! :)

kloty hat gesagt…

Habe hier mal ein Artikel über einen baltischen Laden in Berlin rausgegraben, ist allerdings von 2004, keine Ahnung, ob es den Laden immer noch gibt, ich selbst war noch nie dort:

AUF DSCHUNGELEXPEDITION: IG BALTIKUM SPÜRT DEN BALTIJAS-LADEN IN BERLIN AUF
Irgendwo im Osten von Berlin soll es einen litauischen Supermarkt geben... Wir machten uns also auf die Suche und nahmen die U 5 bis zur Station Frankfurter Allee. Dort in der Nähe sollte die Mauritiuskirchstraße liegen, aber der Ort versprach alles andere als karibische Idylle, sondern erinnerte eher an Naujoji-Vilnius oder Tallinn-Mustamae [bekannte Plattenbauviertel]. Im kleinen Mauritius-Center wurden wir schließlich fündig: „Baltijas“ stand an den Schaufenstern eines kleineren Supermarktes. Eine Werbetafel davor offerierte
Naturprodukte aus Litauen und das stimmte uns froh.
In der Tat ist der Laden reichlich bestückt mit Lebensmitteln aus Litauen: Konserven und Gläser mit eingelegtem Obst und Gemüse, Mehl, Tiefkühlprodukte (russisches Moroschenoje war an diesem kühlen Tag gerade für 20 Cent im Angebot), Süßigkeiten (nicht nur aus Litauen, sondern auch Laima und Kalev sind vertreten) und auch Spirituosen dürfen nicht fehlen. Vor allem bei letzterem war der russische Einfluss un-
verkennbar. Aber man kann dort auch frische Lebensmittel wie Brot, Käse, Fleisch oder Fisch kaufen, wobei da aber auch mal Produkte polnischer Herkunft auftauchten.
Und dann gibt es da noch die Ecke mit Büchern und Videos: rein russischsprachig, wie unsere Nachfor-
schungen ergaben. Immerhin wurden an der Kasse Lietuvos Rytas und Lietuvos Žinios offeriert. Doch auch die Verkäuferinnen hielten der strengen Prüfung der IG BALTIKUM-Sprachinspektoren nicht stand: Russisch fließend, aber kein litauisches Wort kam über ihre rotumrandeten Lippen.
Alles in Allem eine nette Geschäftsidee, die nicht nur auf die baltischen Käufer abzielt, sondern auch auf die russische Kundschaft, die es in Berlin-Lichtenberg inzwischen reichlich gibt. Immerhin passt dazu, dass man an örtlichen Schulen sein Abitur in einigen Fächern (Geographie, Geschichte usw.) auch in russischer Sprache ablegen kann. Aber der Supermarkt hat sich als echte Fundgrube für Lebensmittel aus Litauen erwiesen und das wird sehr positiv von uns aufgenommen. (AK)

Albert Caspari hat gesagt…

Labi, viss normaali - würde ich sagen. :-)

Aber: Was den Verkauf von Sprotten und Rigas Balsams in Deutschland angeht, so ärgern sich nicht die Letten, sondern vor allem die deutschen Lettland-Freunde!
Ich habe einige dieser mehr oder weniger zweifelhaften deutschen Unternehmer Anfang der 90er Jahre damals getroffen und gesprochen, die (damals noch) ziemlich freimütig über ihre (teilweise sehr abenteuerlichen) Pläne redeten.

Ich meine in Erinnerung zu haben, dass die Lizenz zur Auslandsvermarktung schlicht und einfach "aufgekauft" wurde damals. Gleichzeitig waren es Leute, die sehr schlecht klarkamen mit dem Umbruch in Lettland, und eigentlich sehr gute Geschäfte mit ihren sozialistischen Funktionärspartnern machten. Die Tatsache, dass gerade Sprotten und Balzams in Deutschland ausschließlich nur dort zu haben sind, wo Verträge mit russischen Großhändlern (noch aus alter Zeit?) existieren, spricht eigentlich sehr dafür, dass hier "gewendete" Händler unterwegs sind, auf beiden Seiten.

Aufgrund der verrückten Währungssitutation damals (1992 waren 20 DM in Lettland ein Monatslohn!)wurde denen Tür und Tor geöffnet, die "Marktwirtschaft" schlicht als Anpassung ihres im wesentlichen auf "blat" (Kontakte) aufgebauten "Business" (Ausnutzung des wirtschaftlichen Gefälles zwischen Ost und West) an neue Rahmenbedingungen verstanden haben ...

Ich nehme Spenden an, um die Lizenz von Rigas Balzams "frei zu kaufen" :-))