5. Juli 2010

Schönen Sommer - und 'nen Job bitte!

Wie wird sich der lettische Arbeitsmarkt entwickeln? Einen interessante Vorausschau ist als Beitrag im regierungsamtlich finanzierten Internetportal "www.lv.lv" zu lesen. "Die Arbeitslosenquote ist bereits seit Monaten eine der höchsten in der gesamten Europäischen Union", schreibt Autorin Mudīte Luksa, "im April waren es 16.2%, das sind mehr als 180.000 Arbeitslose in Lettland." 
Die Statistiker von EUROSTAT melden im Mai 2010 für Lettland sogar 20%, und gleichzeitig einen Anstieg von 13,5% auf 20% im ersten Quartal 2010.
Die EUROSTAT-Daten kennt auch Mudīte Luska. Das einzige Land mit zurückgehender Arbeitslosenquote ist momentan Deutschland, so ist dort nachzulesen. Für lettische Arbeitssuchende ist der deutsche Arbeitsmarkt ja noch verschlossen - Ausnahmen gelten nur für besonders qualifizierte Fachkräfte, oder als Saisonarbeiter für begrenzte Zeit. Noch vor Ausbruch der Wirtschaftskrise beschloss der Deutsche Bundestag diese Übergangsregelungen zum dritten Mal zu verlängertn- nun gelten sie bis 2011. Danach müsste Deutschland seinen Arbeitsmarkt öffnen.

Für den lettischen Arbeitsmarkt wird eine Erholung auf das Niveau vor der Wirtschaftskrise aber erst für 2017 vorausgesehen - davon gehen Analysten des lettischen Wirtschaftsministeriums offenbar aus. Die Zahl der Beschäftigten könnte sich sogar vor 2025 nicht mehr auf das "Vorkrisenniveau" erholen, wird auf lettischer Seite befürchtet. Wie also kann Beratung für lettische Arbeitssuchende aussehen?

Die drei baltischen Staaten hatten erhebliche Rückgänge des Bruttosozialprodukts zu verzeichnen. Verglichen mit dem Jahr 2007 ging das BSP in Litauen um 12,6%, in Estland um 17,2%, und in Lettland sogar um 21,7% zurück. Auch Irland - vor ein paar Jahren noch "Lieblingsland" der lettischen Arbeitsemigrant/innen, weist inzwischen größere Probleme. Erschreckend erscheint besonders die Lage für junge Leute. Vor ein paar Jahren galten sie noch als Gewinner-Generation, da nach dem Umbruch der Wirtschaftssysteme vor allem die ganz frisch ausgebildeten Karriere machten und auch von ausländischen Firmen oft lieber als Mitarbeiter/innen gesehen wurden als Menschen mit Arbeitserfahrung vorwiegend aus der sowjetischen Zeit. Den Zahlen von EUROSTAT zufolge sind heute 39,7% der unter 25-jährigen keinen Job mehr in Lettland.

Die Zahlen des lettischen Wirtschaftsministeriums ergänzen, dass zwischen 2006 und 2008 in Lettland eher die einfachen Arbeiter/innen und Handwerker/innen und auch im Einzelhandel Tätige Jobs gesucht haben. 2009 aber verdoppelte sich auch die Zahl der Arbeitssuchenden in den Bereichen hochqualifizierter Spezialisten, wie etwa im Maschinenbau und der Montage. Dageggen stand nur ein leichter Anstieg der Arbeitssuchenden in der Land- und Fischwirtschaft. Die Prognosen sowohl der EU als auch der Zuständigen auf lettischer Seite gehen dahin, dass sich dieser Trend fortsetzen wird und Wachstum (= Arbeitsangebote) wohl eher im Bereich der Dienstleistungen zu erwarten sind. Nach Angaben der staatlichen lettischen Arbeitsagentur (Nodarbinātības valsts aģentūra) liegt die Arbeitslosenquote in der Region Latgale am höchsten (neue Statistik siehe unten). Einer Statistik des "European Centre for Development of Vocacional Training" (CeDefop) zufolge besteht für gering Qualifizierte in Lettland das höchste Risiko arbeitslos zu werden in ganz Europa. Zahlen, die sich Menschen mit der einfachen Perspektive, endlich im eigenen, unabhängigen Land ein eigenes Plätzchen zum Leben und Überleben gefunden zu haben, sicher nicht gerne sehen. Denn zu hohe Ansprüche haben viele dieser Menschen in Lettland sicher nicht. Gegenwärtig scheint das Schwierigste in Lettland zu sein, auf einfache Art leben zu können.