29. September 2011

Neues Face fürs "sejas grāmata"

Alle in Lettland warten auf die Bildung einer neuen Regierung. Alle? Nein, ein paar Freundinnen und Freunde der virtuellen Welt des Internets machen sich Sorgen, trotz frisch gewählter Regierung könnte Lettland jemand in der großen, weiten Welt da draußen niemand mögen. "Niemand mag Lettland! Warum? Weil Lettland keine Facebook-Seite hat!"

Diese Sorgen macht sich offenbar die Regierung höchst selbst. Wenn also eine regierungsamtlich betriebene Seite in Facebook existieren würde, könnte es vielleicht ganz leicht erreicht werden, dass Tausende von Menschen (Letten wohl möglich auch!) die lettische Regierung mögen. Wie man das erreicht? Das staatliche lettische Institut schreibt einen Wettbewerb aus zum Design und den Inhalten dieser Seite, ergänzt die Bedingungen was auf dieser Seite stehen darf, und verhandelt mit Facebook selbst damit ausnahmsweise mal ein Nutzer auch einen Ländernamen haben kann (was normalerweise so ohne weiteres nicht zulässig ist).  
Gesagt, getan: Rihards Kalniņš, seines Zeichens zuständig für die PR beim Lettischen Institut, schrieb zusammen mit einer Vertreterin der lettischen Staatskanzlei Anfang September einen Wettbewerb aus. Bis zum 4.Oktober können nun alle, die diese Entwürfe im Internet anschauen, ihre Favoriten wählen (mit dem Facebook-üblichen Kennzeichnen durch "Gefällt mir"). Fünf Entwürfe stehen zur Wahl, der Sieger bekommt einen Sachpreis. Der Aufwand ist nicht unerheblich: Ende August wurde extra zu diesem Zweck ein Treffen von wie es heißt - Medienexperten, Bloggern und "Experten der sozialen Medien" - einberufen, um über wünschenswerten Inhalten und Strukturen einer Facebook-Seite zu beraten. Die Entscheidung über die Entwürfe bewertet eine Jury von 16 Personen. Zanda Šadre, angestellt bei der lettischen Staatskanzlei, erzählte lettischen Journalisten wie die Idee entstand: "Ich habe die englischen BBC-Nachrichten geschaut. Da wurde der griechische Präsident gefragt, welche Länder er als positive Beispiele ansehe, wie man gut aus der Wirtschaftskrise wieder heraus kommen könne. Ich dachte natürlich jetzt würde Lettland genannt, aber er konnte kein Beispiel nennen. Da verstand ich, dass die Art wie die Regierung mit den Menschen kommuniziert geändert werden muss, und so jeder leichter an Informationen kommen könnte."

Nur die übliche Parteiendenkweise, wenn die Wählerzustimmung zurückgeht? (= Kommunikation mit unseren Wählern muss verbessert werden). Ich muss da auch unwillkürlich an die kürzlich erfolgte Schließung der "Baltikum"- Fremdenverkehrszentrale in Deutschland denken. Wäre die lettische Regierungsstrategie eine pure Erfolgsgeschichte, so müsste ja die Schließung auch ein Erfolg sein (die Gründe wurden übrigens immer noch nicht öffentlich bekannt gegeben, aber vermutlich spielen zwei Dinge eine große Rolle: die Finanzen, und Streit um das Konzept). Nun fangen lettische Regierungsmitglieder also an sich zu beklagen, dass niemand im Ausland etwas von Lettland kennt (trotz Zuwachs an Billigtouristen, offenbar). Unbezahlte lettische Nachwuchskräfte (der "Sieger" bekommt einen Sachpreis, wie gesagt) sollen es nun richten. Den Aussagen von Frau Šadre zufolge war es Ministerpräsident Dombrovskis höchst selbst, der den Brief an Facebook schrieb (hat Mr. D denn selbst eine Facebook-Seite? Ja, er hat! Die Infos, die draufstehen, sind kopiert von Wikipedia, und er hat momentan 51 "Freunde"!). Lettland wäre nach Aussagen der Staatskanzlei das weltweit erste Land mit eigener Facebook-Seite. 
Hoffentlich kommt keine Anfrage zurück. Von Facebook an Mr. D. "Sind Sie noch befugt, für die lettische Regierung und ihre Facebook-Seite zu entscheiden?" Und hoffentlich findet jemand eine Antwort - sonst muss mit dem Slogan gerechnet werden: "Dream the impossible - like Latvia, even if it has strange governments ..."


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